Weg mit der Freierbestrafung!
Sehr geehrter Herr Bundesjustizminister Buschmann, die Erweiterung der Freierbestrafung ist praxisfern und hilft den Betroffenen nicht. Sie ist reine Symbolpolitik und wurde ohne Einbeziehung von Menschen in der Sexarbeit und Fachleuten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchgesetzt. Wir fordern Sie daher auf:
- Streichen Sie § 232a Abs. 6 Satz 2 StGB ersatzlos!
- Machen Sie den Weg frei für echten Opferschutz statt praxisferner Symbolpolitik!
- Erarbeiten Sie wirksame Lösungen mit Betroffenen und Fachleuten!
Mit dem Inkrafttreten der gesetzliche Neufassung des § 232a Abs. 6 StGB in der Fassung des "Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings sowie Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Zwangsprostitution" unter Verschärfung des Abs. 6 wird die Freierbestrafung deutlich erweitert.
Mit dem heimlich, zu nächtlicher Stunde verabschiedeten Gesetz wird der Teil der Bevölkerung, der sexuelle Dienstleistungen beansprucht, unter Generalverdacht gestellt und kriminalisiert.
Durch die Einführung des unbestimmten Rechtsbegriffes und Straftatbestandes der "Leichtfertigkeit" wird eine höchst bedenkliche Formulierung verankert. Diese ist mit dem Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar. Zusätzlich wird das gesellschaftlich sehr umstrittene und durch die Mehrheit der Bevölkerung abgelehnte "Sexkaufverbot" (auch: Prostitutionsverbot, Schwedisches Modell, Nordisches Modell) durch die Hintertür eingeführt.
Warum wird die Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes nicht abgewartet? Die Fallzahlen beim Menschenhandel sind seit dessen Einführung rückgängig und haben mit Kund*innen sexueller Dienstleistungen nichts zu tun.
Es ist ein weiterer unnötiger Schritt hin zur unwirksamen, intoleranten Verbotspolitik. Diese hat sich in anderen Bereichen, z. B. Drogenpolitik, nicht bewährt. Prostitutionsverbote, z. B. in Schweden, Irland und Frankreich haben versagt und das Gegenteil bewirkt. Sexarbeit wurde in den Untergrund verdrängt. Menschenhandel, Gewalt und andere Straftaten nahmen zu. Bordellschließungen und Prostitutionsverbote während der Corona-Pandemie zeigten ebenfalls, dass Gewalt an Sexarbeiter*innen und Kriminalität wieder zunahm.
Für Sexarbeiter*innen bedeutet Verbotspolitik mehr Vulnerabilität und Abhängigkeit sowie schlechtere Arbeitsbedingungen. Diese paternalistische Moralpolitik führt zu einer Zunahme an gesellschaftlicher Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung gegenüber Sexarbeiter*innen und ihren Kund*innen.
Betroffene Menschen in der Sexarbeit haben weiterhin keinen wirksamen Opferschutz. Um diese Menschen sollte es aber gehen.
Wir unterstützen daher mit dieser Kampagne die Verfassungsbeschwerde zweier Kunden gegen die Verschärfung der „Freierstrafbarkeit“ in § 232a Abs. 6 Satz 2 StGB beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.